Kölns Äußerer Festungsring


Seit Beginn der Frühindustrialisierung in Deutschland, 1815, erlebte Köln eine regelrechte Bevölkerungsexplosion. Bis 1852 verdoppelte sich die Einwohnerzahl von 48.000 auf 96.500. Die preußische Militärverwaltung verordnete allerdings, dass der Wohnbereich nicht über das Gebiet innerhalb der mittelalterlichen Stadtmauern hinauswachsen durfte. Zusätzlich beanspruchte das Militär ein 1km freies Schussfeld vor den preußischen Befestigungen, die 500m vor der alten Stadtmauer angelegt wurden. Diese Gegebenheit führte bald dazu, dass die Bevölkerungsdichte Kölns mit fast 36.000 Einwohnern pro km2 vier mal höher als in London oder Berlin war. Die Stadt platze aus allen Nähten. Zähe Verhandlungen der Stadt mit den Preußen über die katastrophalen hygienischen und sozialen Bedingungen, letztendlich aber die Entwicklung von Geschützen mit immer größerer Reichweite und Sprengkraft, ließen die Preußen nach dem Deutsch-Französischen Krieg von 1870/1871 einen weiteren, größeren Befestigungsring um die Stadt anlegen. Somit konnte auch die dringend notwendige Erweiterung der Stadt außerhalb der alten Mauern in Form einer Neustadt geschaffen werden.

In den Jahren 1872 bis 1880 enstand ein gigantischer neudeutscher äußerer Festungsring mit 42,5 km Länge auf beiden Seiten des Rheins in 6 bis 8 km Entfernung um den Dom herum. Die bis 1888 eigenständigen linksrheinischen Vorstädte Bayenthal, Sülz, Lindenthal, Ehrenfeld und Nippes wurden ebenso wie die rechtsrheinisch gelegenen Städte Mülheim, Kalk, Poll und Deutz mit eingeschlossen. Somit wurde Köln zur größten Festung des Deutschen Kaiserreichs.

Lage der Forts und Zwischenwerke im heutigen Stadtplan von Köln. Vollständig erhaltene, oder teilweise sichtbare Bauten sind farbig markiert.


Der detachierte Befestigungsring bestand aus insgesamt 12 großen Forts. Da die Entfernung zwischen den einzelnen Bauwerken mehr als 3km betrug, wurden zwischen den einzelnen Forts 23 kleinere sog. Zwischenwerke errichtet und zusätzlich Teile des Inneren Festungsrings integriert. Wie auch schon dort wurden auch beim Äußeren Festungsring die Hauptwerke mit römischen Ziffern versehen, die kleineren Forts erhielten zusätzlich einen Buchstaben. Die einzelnen Anlagen waren mit einem Fernsprechsystem untereinander verbunden.


Schon 1886, nur sechs Jahre nach Fertigstellung, machten Neuentwicklungen in der Artillerie den Befestigungsring abermals obsolet. Der Grund dafür lag in der Einführung von Granaten mit Zeitzündern, die sich bei einem Treffer tief in das Erdreich bohrten und dann erst explodierten. Die Kombination aus Ziegeln und Erdwällen bot gegen eine solche Bedrohung keinerlei Schutz und sie musste mit Sandpolstern und Beton weiter verstärkt werden.


Nach dem Ersten Weltkrieg, den die Festungen größtenteils unbeschadet überstanden, wurde Deutschland 1920 laut dem Versailler Vertrag demilitarisiert und alle Festungen am Rhein mussten gesprengt werden.
Konrad Adenauer konnte als damaliger Oberbürgermeister der Stadt Köln einige Forts sowohl im Inneren- als auch im Äußeren Festungsring vor der Zerstörung bewahren, indem er im Bereich der gesamten Befestigungsanlagen den Inneren und Äußeren Grüngürtel planen und die Forts und Zwischenwerke in die großflächigen Parkanlagen integrierten ließ.

Decksteiner Weiher und Geißbockheim. (Foto: Marco Verch)


Während der Nazi-Zeit wurden einige Forts als Zwangsarbeiterlager benutzt. Während des Zweiten Weltkriegs wurden die Festungen sowohl militärisch als Flakstellung oder Bombenlager, später als Notunterkunft verwendet.
Durch die zunehmende Verwahrlosung nach Kriegsende wurden einige Anlagen in den 1950er und 1960er Jahren gesprengt.


Bis heute haben sich Forts und Zwischenwerke entlang der Militärringstraße erhalten. Einige sind in erstaunlich gutem Zustand und werden vom Kölner Festungsmuseum, von Vereinen, sozialen Einrichtungen und als Ateliers genutzt. Einige sind durch ihre Umnutzung heute nicht mehr als Forts zu identifizieren. Andere wurden verschlossen und dienen Fledermäusen als Habitat. Wieder andere sind nur noch als Anomalie in der Landschaft zu erkennen, wenn aus nicht offensichtlichen Gründen einige Hügel oder Kuhlen im sonst flachen Gelände auftauchen. Ein zweiter Blick lohnt sich oftmals. Nehmt also euer Fahrrad und erkundet den Kölner Grüngürtel, um auf erstaunliche Überreste einer vergangen Zeit zu stoßen.


Übrigens: Am 07. Juni 2020 ist Tag der Forts!


Hier gibt es noch mehr Informationen zur neudeutschen Befestigungsanlage, zum Äußeren Festungsring und natürlich zu Köln:

Kölner Festungsmuseum

Kölner Grün Stiftung

Arbeitsgemeinschaft Festung Köln

KölnTourismus

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